Methoden zur Filmanalyse
Um den Arbeitscharakter des Kinobesuchs zu unterstreichen, ist es sinnvoll vor dem Film einzelne Arbeitsaufgaben zu verteilen, etwa das Betrachten des Films unter bestimmten inhaltlichen und ästhetischen Gesichtspunkten. Entsprechende Lernprozesse werden so schon beim Anschauen des Films initiiert. Bitten Sie Ihre Schüler*innen zudem, nach dem Film sitzen zu bleiben und unmittelbare Eindrücke zu notieren.
Der Filmvorspann bündelt verschiedene, teils heterogene Funktionen: Er dokumentiert die Filmproduktion, adressiert den Zuschauer, führt in die Diegese ein, thematisiert die Vorführsituation, ist Anfangsmarkierung, Einstimmung, Nachweis von Arbeit, Ort der Signatur, Werbung, Film im Film.
Georg Stanitzek, in: Das Buch zum Vorspann, 2006
Filmanfänge eignen sich aufgrund ihrer Länge von wenigen Minuten und der hohen Informationsdichte besonders gut für die schulische Filmbildung. Grundsätzlich kann man den Filmanfang vor der eigentlichen Filmsichtung anschauen (pre-viewing-Aktivität) und bearbeiten lassen oder nach der Filmsichtung (post-viewing-Aktivität). Beide Zugänge ermöglichen unterschiedliche Erfahrungen für die Lernenden.
Bei der pre-viewing-Aktivität stehen kreativ-produktive Verfahren im Vordergrund: Wie geht der Film weiter? Was deutet sich als Thema des Films an? Welche Figuren lernen wir kennen und welche Bedeutung werden sie haben? Was verrät der Anfang des Films über sein Ende?
Die post-viewing-Aktivität ermöglicht dagegen die Analyse des Filmanfangs im Kontext des gesamten Werks und ist damit besonders für analytische Verfahren geeignet. Auch die Beschreibung und Analyse von Motiven, die am Anfang eingeführt und im Laufe des Films entwickelt werden, ist eine spannende Aufgabe für die Lernenden.
Allgemein gilt, dass die ersten Minuten eines Films wahrnehmungspsychologisch besonders wichtig sind, da die Aufmerksamkeit des Publikums in dieser Zeit (noch) besonders hoch ist. Dementsprechend werden in den ersten Minuten in der Regel verhältnismäßig viele Informationen über Handlungsort, Handlungszeit und Handlungsfiguren gegeben. Die Anfänge von Filmen oder Theaterstücken wie auch Romanen gehören daher zu den dichtesten Teilen eines gesamten Werkes.
Folgende wichtige Fragen sollten in einer Exposition geklärt werden:
- Handlungsort: Wo spielt die Handlung?
- Handlungszeit: Wann spielt die Handlung?
- Handlungsfiguren: Wer spielt mit? Gibt es Haupt- und Nebenfiguren? Was erfahren wir über sie? Werden sie vielleicht schon (vorläufig) charakterisiert?
- Genre: Welche Atmosphäre/Grundstimmung herrscht vor? In der Regel erkennt man zu Beginn eines Films sofort, welchem Genre ein Film zuzuordnen ist, ob es sich um eine Komödie, einen Liebesfilm oder einen Actionfilm handelt. Eine dunkle Beleuchtung und düstere Musik werden nur in Ausnahmefällen eine humorvolle Komödie einleiten.
Die gängigste Form ist die deduktive Exposition, die vom Allgemeinem zum Besonderen an das Geschehen heranführt (zum Beispiel Totale einer Stadt, Straße, Haus, Person). Die induktive Exposition geht den umgekehrten Weg. Sie beginnt mit Nah- oder Detailbetrachtungen (zum Beispiel Detail eines Gesichts, Person, Haus etc.), in denen die gezeigten Details noch nicht in einem schlüssigen Zusammenhang erscheinen. Erst Schritt für Schritt wird der Kontext erkennbar. Bei der induktiven Exposition steht also zunächst das Besondere im Mittelpunkt der Betrachtung und wird so bedeutsam. Eine entsprechende Kameraführung und/oder Schnittfolge mit weiter werdenden Einstellungsgrößen unterstützen diesen Effekt.
✍️Sie können die Schüler*innen mit dem Anfang von LOLA RENNT im Filmanalysewerkzeug Lichtblick arbeiten lassen: Filmanfang LOLA RENNT
Bearbeitung (pre-viewing) des Filmanfangs von LOLA RENNT durch eine Schülerin, 12. Klasse, Gymnasium (PDF)
Weiterführende Literatur und Ressourcen
Der Filmvorspann im Deutschunterricht, Ingo Schultz (PDF)
Der Filmvorspann im Deutschunterricht, René Stickfort (PDF)
RHIZOM FILMGESCHICHTE Filmanfänge aus mehr als 100 Jahren deutscher Filmgeschichte zum Erkunden, DFF – Deutsches Filminstitut & Filmmuseum e.V.
Beim Sprechen über Film konzentrieren wir uns zunächst oft auf die inhaltliche Ebene. Um auf eine filmanalytische Ebene zu gelangen, eignet sich die Methode der heißen und kalten Fragen. Die Schüler*innen überlegen sich Fragen, die sie an den Film stellen würden. Diese werden dann in heiße und kalte Fragen sortiert. Kalte Fragen sind dabei solche, die sich um den Inhalt des Films drehen (zum Beispiel: „Wie endet der Film?“). Heiße Fragen kommen dem filmsprachlichen „Kern“ näher – das heißt, die drehen sich um die Art, wie der Film gemacht wurde, und warum (z.B. „Warum hat der Film ein offenes Ende?“, „Warum kommt im Film so oft die Farbe Rot vor?“). Diese Fragen können anschließend diskutiert werden. Ziel ist es, die Schüler*innen dafür zu sensibilisieren, dass hinter jedem Film eine ganze Reihe an Entscheidungen und Abwägungen steckt, und diese Entscheidungen zu verstehen.
Im Würfelspiel zu Filmerschließung finden Sie sowohl heiße als auch kalte Fragen.
Die Schüler*innen erstellen ein Schaubild im Mindmap-Format, in dem die Filmfiguren, ihre Beziehungen zueinander und mögliche Konflikte sichtbar werden. So werden der dramaturgische Aufbau des Films und die Perspektiven der Figuren veranschaulicht. Weitere Informationen auf Kinofenster.
Die Schüler*innen teilen einen Film oder Filmabschnitt in Sequenzen bzw. Kapitel und halten sie in Form eines Protokolls fest. Zu jeder Sequenz werden in Form einer Tabelle Inhalt, Kameraeinstellungen und -bewegungen und Soundtrack protokolliert. Darüber hinaus können Gestaltungsmittel wie Farbgebung oder Effekte festgehalten werden.
Weitere Erläuterung und Vorlage vom Filminstut Hannover
Vorlage von Film+Schule NRW
Die Schüler*innen halten die einzelnen Einstellungen einer Sequenz des Films in einem Storyboard, eine Art Comicstrip der einzelnen Szenen, skizzenhaft fest. Anhand der Zeichnungen werden anschließend Einstellungsgrößen, Kameraperspektiven und Positionen der Schauspieler*innen analysiert und die Wechselwirkung zwischen Form und Inhalt diskutiert. Eine Vorlage für ein Storyboard finden Sie hier.
Mithilfe von Online Tools wie TinEye oder ganz einfach mit Farbstiften können Schüler*innen die Farbgebung verschiedener Standbilder analysieren und vergleichen. Welche Farben dominieren in welchen Szenen? Welche Wirkung wird durch die Farben erzeugt?
Außerdem können sie Farbfilter auf eigenen Fotos ausprobieren und vergleichen, wie sich durch unterschiedliche Filter die Wirkung eines Bilds verändert. Dafür eignet sich, neben den eingebauten Filtern auf dem Smartphone, auch die App TopShot von Film+Schule NRW.
Um zu verdeutlichen, wie groß die Bedeutung des Tons und der Musik in einem Film ist, können einzelne Passagen ohne Ton angesehen oder – bei geschlossenen Augen – nur der Ton wahrgenommen werden. Produktionsorientiert arbeitend wäre es möglich, einige Szenen des Films neu mit Sprache, Geräuschen und variierender Musik zu unterlegen und die dadurch hervorgerufene Veränderung der Wirkung der Filmbilder zu reflektieren.
Die Schüler*innen analysieren die Kameraperspektiven und –bewegungen einer Filmszene. Sie recherchieren, wie die unterschiedlichen Kameraperspektiven heißen (z.B. mit Hilfe der App Topshot von Film+Schule NRW, der Filmsprache App von Neue Wege des Lernens e. V. oder der interaktiven Webseite Filmsprache) und besprechen, welche Wirkung sie erzielen. Außerdem können sie mit dem Handy oder Tablet ausprobieren, die Szene nachgestellt aus unterschiedlichen Perspektiven zu filmen und die Wirkungen zu vergleichen.