
Nelly & Nadine
Ein Film von Magnus Gertten Schweden, Belgien, Norwegen 2022 / 92 Min ab 14 Jahre Schulkinowochen-Film
Inhalt
Ein paar Stapel Papier, vergilbt und eng beschrieben, und Kisten auf dem Dachboden – das ist der Nachlass der belgischen Sängerin Nelly Mousset-Vos (1906-1987). Er ist im Besitz ihrer Enkelin Sylvie, die mit ihrem Mann einen Bauernhof in Nordfrankreich betreibt. Nie hat sie gewagt, die Tagebücher und Briefe ihrer Großmutter zu lesen, die Truhen zu öffnen. Über das Vergangene und die Zeit, in der Nelly als politische Gefangene in den NS-Vernichtungslagern, unter anderem in Mauthausen, dem „Vorzimmer zur Hölle“, interniert war, hat die elegante Dame nie gesprochen. Der Schmerz wurde verdrängt und das Schweigen Familientradition. Und so wusste auch niemand genau, in welcher Beziehung Nelly zu Nadine stand. Die beiden Frauen hatten sich im Dezember 1944 im KZ Ravensbrück kennengelernt, verloren sich kurzzeitig aus den Augen und lebten ab 1950 zusammen in Venezuela. Zwanzig Jahre nach dem Tod ihrer Großmutter beginnt Sylvie, deren Geschichte zu erkunden.
filmisch
Manchmal sind es Gesichter, die einen nicht mehr loslassen. Für Regisseur Magnus Gertten war es jenes von Nadine Hwang (1902-1972), das er in einer alten Wochenschau entdeckte. Die Frau war eine von 15.000 Überlebenden aus NS-Lagern, die am 28. April 1945 in Malmö ankamen. Warum blickt sie ernsthaft, fast fragend im Jubel der anderen? Damit beginnt eine Spurensuche, die den Filmemacher zu Sylvie führt und die er dazu anregt, sich ihrer Familiengeschichte zu stellen. Sylvie, ihre Kindheitserinnerungen und Nachforschungen strukturieren den Film. Aus ihrer Gegenwart wird die Vergangenheit erzählt, die in den verlesenen Aufzeichnungen ihrer Großmutter Gestalt annimmt. Und so erfährt Sylvie nicht nur, dass Nelly ein Mitglied der Résistance war, sondern auch von der alles überdauernden Liebe zu Nadine. Auf visueller Ebene ergibt sich eine Kompilation aus Gesprächen, Archivaufnahmen, Fotografien und von Nadine gedrehten 8-mm-Filmen. Ländliche Bilder aus dem schwarz-weißen Dokumentarfilm SYMPHONIE PAYSANNE (R: Henri Storck, Belgien 1942-43) untermalen Nellys Erinnerungen aus Ravensbrück und Mauthausen und verstärken im Kontrast das unvorstellbare Grauen.
Autor*in: Kirsten Taylor 01.11.2022, Letzte Aktualisierung: 29.11.2023
Credits
- Filmtitel
- Nelly & Nadine
- Kinostart
- 24.11.2022
- Genre
- Dokumentarfilm, Biografie
- Regie
- Magnus Gertten
- Buch
- Magnus Gertten, Jesper Osmund
- Darsteller*innen
- Mitwirkende: Nelly Mousset-Vos, Nadine Hwang, Sylvie Bianchi, Anne Bianchi, Joan Schenker, José Rafael Lovera, Irene Krausz-Fainman u. a.
- Altersempfehlung
- ab 14 Jahre
- FSK
- ohne Altersbeschränkung