
Tausend Zeilen
Ein Film von Michael Bully Herbig Deutschland 2022 / 93 Min ab 14 Jahre Schulkinowochen-Film
Inhalt
Wie macht der Kollege das bloß? Der freie Journalist Juan Romero kann nur noch staunen. Beim angesehenen Nachrichtenmagazin Chronik gilt der Reporter Lars Bogenius als Schreibgenie, seine Geschichten aus aller Welt sind immer etwas spektakulärer und "griffiger" als die der anderen. Aber sind sie auch wahr? Nach einigem Nachforschen stößt Romero, von der Chefetage zum "Zulieferer" für Bogenius degradiert, auf Ungereimtheiten. Rechte US-Milizen, die an der mexikanischen Grenze auf Flüchtende schießen? Ein Kind, mit dessen harmlosem Graffiti der Syrienkrieg begann? Immer wieder fehlen wichtige Details, vermeintliche Zeugen können sich an keine Begegnung mit Bogenius erinnern. Oder verrennt er sich gerade in etwas? Voller Selbstzweifel riskiert Romero mit dem schweren Gang zu seinen Vorgesetzten seine Karriere. Tatsächlich steht er, während Bogenius weiter Journalistenpreise in Empfang nimmt, bald selbst als Lügner da.
filmisch
Bully Herbigs Mediensatire beruht auf dem echten Fall des Spiegel-Journalisten Claas Relotius, dessen Enttarnung im Jahr 2018 einen Medienskandal auslöste. Seine gefeierten Reportagen, die der Film kaum verschlüsselt aufgreift, waren frei erfunden. Als grellbunte Inszenierung einer falschen Wirklichkeit bilden sie dennoch das Gerüst des Films. Während in sichtlich künstlicher Studiokulisse die spannendsten Geschichten aufscheinen, sitzt Bogenius in teuren Hotelbars und sinniert über den nächsten Coup. In aufwendigen Split- und Freeze-Frames tritt Romero gelegentlich selbst ins Bild und erklärt dem Publikum die Situation: Sämtliche Handelnde sind Gefangene einer Traumwelt, die die Realität längst abgelöst hat. Einer freiwilligen Selbsttäuschung unterliegen auch der stellvertretende Chefredakteur der Chronik sowie der Ressortleiter, die im Auflagenrausch sämtliche Bedenken in den Wind schlagen. Real ist hier nur das Leiden des Whistleblowers Romero, dessen Familienleben im Strudel der Ereignisse aus den Fugen gerät – sowie die gesamte, eigentlich unglaubliche Geschichte.
Autor*in: Philipp Bühler 26.09.2022, Letzte Aktualisierung: 09.02.2024
Credits
- Filmtitel
- Tausend Zeilen
- Kinostart
- 29.09.2022
- Genre
- Komödie, Satire
- Regie
- Michael Bully Herbig
- Buch
- Hermann Florin nach dem Sachbuch "Tausend Zeilen Lüge. Das System Relotius und der deutsche Journalismus" von Juan Moreno
- Darsteller*innen
- Elyas M’Barek, Jonas Nay, Michael Ostrowski, Michael Maertens, Jörg Hartmann, Marie Burchard, Sara Fazilat, Kurt Krömer u.a.
- Altersempfehlung
- ab 14 Jahre
- FSK
- ab 12 Jahre
Hinweise
Dieser FilmTipp ist eine Übernahme von kinofenster.de, dem Filmbildungsportal der Bundeszentrale für politische Bildung