scrollTop Icon
Szenenbild: Ali sitzt in einem Hinterhof auf alten Autositzen

Kaddisch für einen Freund

Ein Film von Leo Khasin Deutschland 2011 / 94 Min ab 13 Jahre Schulkinowochen-Film

Inhalt

Der 14-jährige Ali lebt mit seiner aus dem Libanon stammenden Familie in Deutschland, die  hier aber nur geduldet ist. Unmittelbar nach dem Umzug der palästinensischen Familie in eine Wohnung mitten in Berlin stellt sich heraus, dass direkt über ihnen der 84-jährige Alexander wohnt, ein Jude mit russischer Abstammung. Ali lässt sich von seinen Freunden dazu überreden, in die Wohnung des "Feindes" einzubrechen und sie zu verwüsten. Nur Ali wird erkannt. Bei einer Anzeige droht der ganzen Familie die Abschiebung. Auf Anraten der Mutter soll er daher die Wohnung des störrigen Alten renovieren. Trotz aller religiösen und ideologischen Gegensätze und des sozialen Drucks ihres auf Konfrontation eingestellten Umfelds nähern sich der Junge und der Alte an. Eine Freundschaft scheint denkbar ...

filmisch

In seinem Debütspielfilm hat sich der in Moskau geborene Zahnarzt, Regisseur und Autor Leo Khasin an ein heikles Thema gewagt und es mit Bravour umgesetzt. Mit einem ruhigen Erzählstil und zugleich in vielen atmosphärisch dichten Bildern per Handkamera sowie in Parallelmontage nähert sich der Film dem Alltag heimatloser Palästinenser wie dem neu erwachten jüdischen Leben in Deutschland. Die jeweiligen ideologischen Scheuklappen zeigt der Film mit augenzwinkerndem Humor und entwaffnender Direktheit, beispielsweise anhand von Untertiteln bei originalsprachlichen Äußerungen. Mit Ryszard Ronczewski "Am Ende kommen Touristen" (Robert Thalheim) und Neil Belakhdar hat der Film zudem zwei auch die Generationen überspannende Hauptdarsteller gefunden, die der Vielschichtigkeit des Themas gewachsen sind.

Anknüpfungspunkte an die pädagogische Arbeit

Aus deutscher Perspektive wirken der Nahostkonflikt und die Feindschaft zwischen Juden und Palästinensern oft abstrakt oder zumindest weit weg. Über das Leben von Palästinensern wie auch von Juden im heutigen Deutschland herrschen im Allgemeinen ebenfalls unklare Vorstellungen. Hier gelingen dem Film besseres Verständnis und tiefere Einblicke. Zugleich werden wichtige gesellschaftspolitische Themen wie Migration, Asylrecht und Duldungspraxis aufgegriffen. Sehr gut eignet sich der Film, der für Toleranz und Verständnis wirbt, auch zur Reflexion über das Entstehen von Vorteilen und Lösungsmöglichkeiten bei bestehenden Konflikten nicht nur ideologischer Art. Darüber hinaus ist er ein Musterbeispiel für einen gelungenen Dialog zwischen den Generationen jenseits religiöser und kultureller Schranken.

Autor*in: Holger Twele 12.01.2012, Letzte Aktualisierung: 08.11.2023

Originaltitel
Kaddisch für einen Freund
Genre
Drama
Altersempfehlung
ab 13 Jahre
Klassenstufe
ab 8. Klasse
Unterrichtsfächer
Deutsch, Geografie, Sozialkunde, Religion, Politik, Ethik
Themen
Antisemitismus, Generationen, Jugend, Judentum, Nahost-Konflikt, Toleranz, Vorurteile, Werte, Migration, Heimat, Menschenrechte, Erwachsenwerden, Familie, Geflüchtete

Credits

Filmtitel
Kaddisch für einen Freund
Originaltitel
Kaddisch für einen Freund
Kinostart
15.03.2012
Genre
Drama
Regie
Leo Khasin
Buch
Leo Khasin
Darsteller*innen
Ryszard Ronczewski, Neil Belakhdar, Neil Malik Abdullah, Sanam Afrashteh, Kida Khodr Ramadan, Younes Hussein Ramadan, Heinz W. Krückeberg, Anna Böttcher u. a.
Altersempfehlung
ab 13 Jahre
FSK
ab 12 Jahre
Verleih
SiMa Film Sigrid und Martin Bach GbR
Festivals
Deutscher Filmpreis LOLA in Gold für den Besten Kinderfilm 2013; Intern. Hofer Filmtage 2011; Castellinaria Festival internationale del cinema giovani, Bellinzona 2011: Großer Preis
KADDISCH FÜR EINEN FREUND Trailer HD