Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit
Ein Film von Yulia Lokshina Deutschland 2020 / 96 Min ab 14 Jahre Schulkinowochen-Film
Inhalt
Rheda-Wiedenbrück in Ostwestfalen: Bundesweit in die Schlagzeilen geraten ist die Gegend durch die industrielle Schlachtung und die unwürdigen Bedingungen, die in allen Bereichen herrschen: Weder spielt hier das Tierwohl eine Rolle noch das Wohl der zumeist osteuropäischen Leiharbeiter*nnen. Unter unerträglichen Bedingungen müssen sie nicht nur arbeiten, sondern leben. Der Film begleitet Betroffene und Aktivist*innen, die sich für deren Rechte einsetzen, und beleuchtet beispielhaft persönliche Hintergründe. Parallel werden dazu die Proben von Schüler*innen eines Münchener Gymnasiasiums zu Bertolt Brechts Theaterstück „Die Heilige Johanna der Schlachthöfe“ gezeigt, wobei sie über den Kapitalismus, die deutschen Wirtschaftsstrukturen, Religion und ihr Verhältnis dazu reflektieren.
filmisch
Es sind nicht die brutalen Bilder aus dem Inneren eines Schlachtbetriebs, es ist nicht der Umgang mit den Tieren bei der Schlachtung, sondern der Umgang mit den Menschen, der hier für Entsetzen sorgt. Parallelmontagen zeigen die Schüler*innen, die sich das Theaterstück im geschützten Raum der Schule erarbeiten, während in den Schilderungen der Arbeiter*innen deutlich wird, wie sie ihre Gesundheit und sogar ihr Leben für unser Billigfleisch riskieren. In der essayistisch-fragmentarischen Verknüpfung von verschiedenen Perspektiven – der Leiharbeiter*innen, Aktivist*innen, Schüler*nnen und zu Beginn des Films auch der Tiere – kommen viele Fragen auf, werden aber nicht immer Antworten geliefert. Damit kann einerseits der Prozess des Nachdenkens angestoßen werden, andererseits ist ein hohes Maß an Aufmerksamkeit erforderlich, um den Filminhalten zu folgen.
Anknüpfungspunkte an die pädagogische Arbeit
Durch die Theatergruppe wird im Film selbst der Umgang mit zentralen Fragestellungen thematisiert: Was beinhalten und bedeuten heute noch die ‚klassischen‘ Begriffe wie Ausbeutung und Kapitalismus? Zählen in der industriellen Produktion Tier und Mensch nur noch als Ware? Welche Folgen haben Leiharbeit bzw. Arbeitsmigration? Wer kann hier Abhilfe schaffen, wie kann sich jeder Einzelne verhalten (etwa beim Fleischkonsum) und welche Aufgaben haben z. B. die Kirchen? Krankheit, Verletzung und Tod werden ebenfalls thematisiert und erfordern eine sensible Vertiefung. Zentrale Aspekte der Filmbesprechung sollten auch seine immanente Gegenüberstellung von Theater-Fiktion und Schlachthof-Realität sowie seine fragmentarische, spielerisch-verdichtende und damit insgesamt intellektuell herausfordernde Gestaltung sein.
Autor*in: Dr. Olaf Selg 03.08.2020, Letzte Aktualisierung: 13.12.2023
- Genre
- Dokumentarfilm
- Altersempfehlung
- ab 14 Jahre
- Klassenstufe
- ab 9. Klasse
- Unterrichtsfächer
- Sozialkunde, Politik, Gemeinschaftskunde, Wirtschaft/WAT, Religion, Ethik, Lebenskunde, Deutsch
- Themen
- Ausbeutung, Leibarbeit/Arbeitsmigration, Handel, Kapitalismus, Wirtschaft, Gerechtigkeit, Moral, Verantwortung, Menschenrechte/-würde, Macht/Machtgefüge, Verantwortung, Solidarität, Tod/Sterben, Konsumverhalten, Tierhaltung, Lebensmittelproduktion, Theater
Credits
- Filmtitel
- Regeln am Band, bei hoher Geschwindigkeit
- Kinostart
- 22.10.2020
- Genre
- Dokumentarfilm
- Regie
- Yulia Lokshina
- Buch
- Yulia Lokshina
- Darsteller*innen
- Mitwirkende: Inge Bultschnieder, Alexander Klessinger, Münchener Gymnasiast*innen sowie Leiharbeiter*innen in Ostwestfalen
- Altersempfehlung
- ab 14 Jahre
- FSK
- ab 12 Jahre
- Verleih
- JIP Film
- Festivals
- Max Ophüls Preis: Bester Dokumentarfilm 2020, DOK.fest München @home 2020: megaherz Student Award